Das Zur-Ruhe-Kommen der Gedanken

Meine grundlegenden Gedanken zum Yoga
Schon als junge Frau interessierten mich sowohl die östlichen als auch die westlichen Bewegungsformen. Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen Sport innerhalb des Studiums in Deutschland gilt mein Hauptinteresse nun schon seit einigen Jahrzehnten der östlichen Philosophie mit ihrem Welt- bzw. Körperverständnis. In den chinesischen Bewegungsmeditationen wie Taiji und Qi Gong und in der indischen Kunst des Yoga aber auch im japanischen Zen kommt diese Philosophie zum Ausdruck. Diese Praktiken empfinde ich in ihrer Ganzheitlichkeit von Körper, Geist und Seele als große Bereicherung meines Lebens.

Diese Ganzheitlichkeit bietet meines Erachtens eine Erweiterung unseres westlichen Menschenbildes. Um dieses System besser begreifen zu können, sollte die Einbettung in den uns fremden kulturellen Hintergrund mit berücksichtigt werden. Für die Yoga-Praxis sind die theoretischen Kenntnisse jedoch keine Voraussetzung. Yoga ist auch ohne philosophische Grundlage erlernbar. Entscheidend für den Erfolg ist die Integration der Übungen in den Alltag. Das Interesse für die östlichen Gedankensysteme steigt oft mit zunehmender Praxis.

Inzwischen kann man in Deutschland schon längst von einer Yoga-Mode sprechen. In verschiedenen Institutionen wie Volkshochschulen, Fitness-Studios und Krankenkassen wird Yoga häufig neben „Stretching“, „Bauch, Beine, Po“ und Wirbelsäulengymnastik angeboten. Leider wird das traditionsreiche Gedankengut oft auf gymnastische Übungen reduziert und dadurch nicht mehr in seiner Ganzheit verstanden. Für viele Menschen ist es aber auch zu einem ernsthaften und bereichernden Weg geworden. Ein so umfangreiches Bewegungs- bzw. Lebenskonzept lässt sich sicher nicht theoretisch, noch dazu in so kurzer Form, darstellen. Ein Leben scheint kaum auszureichen um die ganzen Möglichkeiten zu erkunden, dennoch lässt es sich – einmal darauf eingelassen – bereits in den ersten Stunden erfahren. Ich hoffe mit meiner Arbeit einen Einblick in diese gesundheitsfördernde Bewegungsformen zu bieten und ein Interesse für die vielfältigen Möglichkeiten – auch für die westliche Bewegungstherapie – zu wecken.

Theoretische Grundlagen des Yoga Begriffsbestimmung/philosophischer Hintergrund

Das Wort Yoga kommt aus dem Sanskrit in dem „yui“ die Bedeutungen „anjochen“, „zusammenbinden“, „anspannen“, „anschirren“ hat. In diesem Sinne wird durch das Praktizieren von Yoga die Aufmerksamkeit gesammelt und Geist und Körper werden durch spezielle Körper- und Atemübungen vereint. Äußerlich fast wie Gymnastik anzusehen, ist es jedoch schnell erlebbar, dass die Integration der richtigen Atmung, der individuellen Streckgrenze sowie der Bewusstseinslenkung nicht mit einer schnell ausgeführten Gymnastikübung verglichen werden kann.

Erstmals erwähnt wurde Yoga 2500 vor unserer Zeit in den Veden, den ältesten Büchern Indiens. In der indischen Philosophie wird Yoga als einer der Wege genannt, um die individuelle mit der kosmischen Seele zu vereinen. Durch das Einswerden mit dem Brahman, dem Nirwana, dem Ewigen und Absoluten soll im Hinduismus dem ewigen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt entkommen werden. Der Leib, als Verkörperung des Brahman, soll für das Erlangen dieses Lebensziels in gutem Zustand gehalten werden. Meditation und Yoga sind Hilfsmittel auf diesem Weg.

Wichtige Begriffe/Bewegungsprinzipien

  • Asanas (Körperhaltungen): Die Asanas beziehen die gesamte Körpermuskulatur sowie alle Organe in ihr Übungssystem mit ein. Durch intensive Anspannung bzw. Dehnung bleibt der Körper beweglich und leistungsfähig.
  • Prana: ähnlich wie der Begriff Qi bezeichnet Prana die Lebensenergie. Dieser Begriff hat sehr viele Bedeutungen: „Energie des Universums“, die „Urenergie“, der „Hauch“ oder der „Atem“.
  • Pranayama: Die Lehre und Kunst von der Kontrolle der Atmung. Ayana kann mit „kontrollieren“ oder mit „erweitern“ übersetzt werden. Das Wissen über die Atemtechniken, die Beherrschung des Pranas wird als Pranayama bezeichnet. Dem Atem kommt im Yoga-System eine ganz besondere Bedeutung zu. Der Atem gilt als die biologisch wichtigste Funktion. Durch Pranayama erfährt der Mensch die Verlängerung des Atems, der Atem wird kontrolliert und gelenkt. Durch Pranayama sollen Körper und Geist zusammengeführt werden, vereint werden.
  • Die Asanas helfen körperlich/anatomische Hindernisse, die den Fluss des Pranas beeinträchtigen, zu beseitigen. Pranayama hilft in einer weiteren Stufe körperliche, geistige und seelische Entwicklung zu fördern. Durch Pranayama werden die Energie-Leitbahnen des Körpers gereinigt.
  • Alle Bewegungen sollen langsam, bewusst und ruhig ausgeführt werden.
  • Der/die Ausführende konzentriert sich dabei voll auf die Bewegung. Der Geist wird eins mit der Handlung. (Vereinen von Körper und Geist)
  • Die Atmung wird in jeder Position bewusst beobachtet oder gelenkt.
  • Yoga ist Energiearbeit.

Es gibt verschiedene Yoga-Wege. Alle verfolgen jedoch das gleiche Ziel: die Vereinigung (Yoga) der individuellen Seele mit der universalen Seele, dem höheren Selbst, mit Gott sozusagen. Oft ist das Ziel des Yoga die Transformation des Alltagsbewusstseins. Die Rückverwandlung des Geistes mit seinen unablässigen, zerstreuten Gedankengängen in einen Zustand der Ruhe und Ausgeglichenheit. Dies geschieht durch Selbsterkenntnis. So kann Yoga uns lehren zu erkennen, was Leid erzeugt und was Glück bewirkt und führt uns dann in einen Zustand höheren Bewusstseins und höherer Sensibilität für die natürlichen Zusammenhänge des Lebens.

Ich sehe ich im Yoga das Potential einer aufmerksamen, körperorientierten Praxis, die uns lehrt mit den Energien des Körpers und des Geistes umzugehen.

Die Essenz des Yoga beschreibt Patanjali mit dem ersten Vers des Yoga-Sutras: „Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedankenwellen im Geiste.“ Oder: „Im Zustand der Einheit sind die Bewegungen des Geistfeldes zur Ruhe gekommen.“ Vereinfacht ausgedrückt, ist Yoga das Zur-Ruhe-Kommen der Gedanken.

Quelle zu den Patanjali-Zitaten: vedanta-yoga.de